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FinanzenDie SPD hat sich isoliert

Berlin (ots) – Am 17. Mai 2021 beriet der Finanzausschuss des Bundestages über die Tabaksteuerpläne von Olaf Scholz und der SPD. Nach der Sitzung steht fest: Die geladenen Experten sehen den Entwurf des Tabaksteuermodernisierungsgesetzes mehr als kritisch, die Aussagen waren im Grunde vernichtend. Damit reihen diese sich nahtlos in die Riege der Kritiker ein, die im Grunde jeden umfasst, außer der SPD selbst. Denn außerhalb diese sehen alle im Bundestag vertretenen Parteien den Entwurf als inhaltlich untragbar an, Gesundheitsforscher und -verbände lassen außerhalb der parlamentarischen Debatte auch kein gutes Haar daran. Konsumenten- und Wirtschaftsvertreter aus dem Bereich schadensminimierter Produkte warnen vor einem gesundheits- und wirtschaftspolitischen Fiasko.

Sogar Dr. Schaller vom Deutschen Krebsforschungszentrum, obwohl von der SPD selbst für die Verteidigung des Entwurfes geladene Expertin, sparte nicht an Kritik. Die anderen beiden von der SPD geladenen Experten glänzten durch einen fachlich eher peinlichen Auftritt. So nannte Dr. Helbig von der Deutschen Krebshilfe die Auswertungen zur E-Zigarette durch die international höchst renommierte Cochrane Collaboration eine „Einzelmeinung“. Für den Kontext sei erwähnt, dass Frau Dr. Helbigs Expertise bei einer Ausschussanhörung 2020 zu einem ähnlichen Sachverhalt zum Thema E-Zigarette daraus bestand, aus der Wikipedia vorzulesen. Dazugelernt hat sie offenbar wenig. Für ihre teilweise schlicht absurden Behauptungen erntete sie scharfe Kritik von anderen anwesenden Experten. Fast noch besser war der dritte „Experte“ der SPD, nämlich Dr. Effertz, der im Namen des Aktionsbündnis Nichtrauchen e.V. sprach. Obwohl durch die geplanten Steuererhöhungen schadensminimierte Produkte wie nikotinhaltige E-Zigarettenliquids und Tabakerhitzersticks hinter der deutschen Grenze dann im Vergleich zu Deutschland nur noch ein Drittel bis hin zu einem Zehntel kosten werden sieht Dr. Effertz keine Gefahr von ansteigendem Schmuggel. Damit widerspricht er der einhelligen Meinung ausnahmslos aller Sicherheitsexperten, die sich zu diesem Entwurf geäußert haben. Die Gewerkschaft der Polizei nannte den Entwurf des TabStMoG bezeichnenderweise „Startup für Kriminelle“. In Anbetracht der Tatsache, dass durch den Entwurf Nikotin so absurd verteuert wird, dass der Schmuggel von Reinnikotin im Bereich der Gewinnspannen von Heroin liegt, ist die Einschätzung von Dr. Effertz ziemlich offensichtlich nicht mit der Realität in Einklang zu bringen.

Nach der Anhörung zog der Vertreter von B90/Grünen Stefan Schmidt ein Fazit, das für sich selbst spricht: „Kritik kam zurecht von allen Seiten. In meinen 3,5 Jahren als Abgeordneter habe ich noch nie so ein vernichtendes Urteil gesehen.“.

Politisch isoliert

Damit ist für die SPD eine schwierige Situation entstanden, sie steht vollkommen allein da, inhaltlich wie politisch. Der gesamte Bundestag inkl. des eigenen Koalitionspartners ist gegen den Entwurf. So sagte der Berichterstatter der Unionsfraktion für dieses Gesetz Sebastian Brehm (CSU), die Union sei geschlossen gegen den Entwurf und könne diesem in der jetzigen Form nicht zustimmen. In dem für den Entwurf des Finanzministers vernichtenden Verlauf der Anhörung sah er sich inhaltlich bestätigt.

Bei der Anhörung haben sich zwei der von der SPD geladenen Experten im Grunde lächerlich gemacht, die dritte schoss der SPD wegen der frappierenden inhaltlichen Mängel des Gesetzgebungsvorhabens ein Eigentor. Die anderen geladenen Wissenschaftler und Wirtschaftsvertreter ließen gleich aus einer ganzen Reihe von Gründen kein gutes Haar am Entwurf. Diese sind durchaus vielfältig. Es fehlt an einer vernünftigen gesundheitspolitischen Lenkungswirkung, Tabak wird viel zu gering und zu langsam zusätzlich versteuert, Shishatabak als größte aktuelle Jugendschutzbaustelle wird de facto ignoriert, die Zahlen im Entwurf entbehren jeder Grundlage, die Steuerschätzungen für E-Zigarettenliquids sind groteske Luftschlösser und man entkoppelt sich damit deutlich von anderen Staaten der EU.

Menschenverachtender Zynismus

Und die Kritik wird nicht leiser. Am 19.05. also nur wenige Tage nach der Anhörung hakten Abgeordnete von B90/Grünen und FDP bei einer Fragestunde des Bundestages zum Entwurf bei Olaf Scholz nach. Und dessen Aussagen zeugten von einer bemerkenswerten Hilflosigkeit beim Thema. So sagte er u.a. „Es gibt gesundheitspolitische Erwägungen, die dafürsprechen, dass wir jetzt nicht alles harmlos finden, was sich selber für harmlos deklariert.“. Eine bemerkenswerte Aussage, wenn man bedenkt, dass das niemals jemand getan hat, weder bei E-Zigaretten noch bei Tabakerhitzern. Noch bemerkenswerter ist die damit einhergehende Leugnung des wissenschaftlichen Konsenses, dass Tabakerhitzer und noch mehr E-Zigaretten erheblich weniger gesundheitliche Schäden verursachen als Rauchtabak. Die Differenz ist dabei nicht banal, sondern entspricht im Grunde dem Unterschied zwischen einer Ohrfeige und einer Axt im Kopf. Natürlich kann man wie Olaf Scholz und die SPD dabei argumentieren, beides sei schädlich, nur ist das eben an der Stelle menschenverachtend zynisch.

Die eigentliche moralische Bankrotterklärung folgte kurz danach, als Olaf Scholz anführte „Mit der Tabakindustrie ist es ja sogar so, dass man ein Fast-Einvernehmen darüber hat, dass regelmäßig die Steuern angepasst werden und nicht jahrelang damit wartet, um es dann in einem Schub zu tun“. Hier gibt Olaf Scholz ganz unverblümt zu, was insbesondere Gesundheitsexperten und Konsumentengruppen seit dem Bekanntwerden des Entwurfs vermutet haben, nämlich dass dieser vor allem die Gewinne der Tabakindustrie und damit einhergehend die entsprechenden Steuereinnahmen stabilisieren soll. Das Gerede um gesundheitliche Lenkungswirkungen ist nur ein Feigenblatt. Schon früh gab es Kritik, dass der Gesetzesentwurf geeignet ist die Raucherraten zu erhöhen. Offenbar ist das kein Versehen, sondern strategisch so beabsichtigt. Gesundheitsexperten votieren sowohl in Deutschland als auch international seit Jahrzehnten für starke Ad-Hoc Erhöhungen der Tabaksteuer, um wirksame Anreize zum Rauchstopp zu setzen. Genau diese Anreize versucht der Entwurf der SPD gezielt zu vermeiden.

Ist das wirklich sozial?

Die Frage, die sich dabei stellt, ist, wer im September eigentlich eine Partei mit diesem Kanzlerkandidaten wählen soll, die bereit ist, derart leichtfertig Menschenleben für Steuereinnahmen zu opfern und sich dabei unverschämterweise noch als sozial zu bezeichnen.

Olaf Scholz und die SPD müssen hier dringend ihren Standpunkt überdenken. Wer sich mit der Tabakindustrie ins Bett legt verliert gesundheitspolitische Glaubwürdigkeit auf Jahre hinaus. Die Basis der SPD hat nach wie vor die Chance diesen Wahnsinn zu stoppen, indem sie Olaf Scholz den Schaden klarmacht, den diese ganze Angelegenheit anrichtet, sowohl gesundheitspolitisch als auch ganz konkret bei der SPD.

Es kann sich schließlich unmöglich die gesamte Partei zugleich von Wissenschaft und Anstand entkoppelt haben, wie es ihre Spitzenfunktionäre offenbar beim Thema Tabaksteuer getan haben.

Der Bundesverband Rauchfreie Alternative e.V. ist ein unabhängiger Konsumentenverband. Seine Aufgabe ist die Information und Aufklärung über Alternativen zum schädlichen Tabakkonsum. Der Verband ist Ansprechpartner für Politik und Medien im Namen der Verbraucher, frei von moralischen Scheuklappen, basierend auf den wissenschaftlichen Erkenntnissen, unabhängig von Industrie und Handel.

Für den weiteren Kontext möchten wir auch auf unsere letzte Pressemitteilung zum Thema verweisen: https://www.presseportal.de/pm/154925/4892100

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